top of page
Suche
  • Autorenbildcarolin rebmann

Monotasking Kettenbrief – ein Schreibimpuls zum Weiterdenken

Aktualisiert: 21. Jan. 2021


Wie Schreiben verbindet


Der Monotasking Kettenbrief ist ein Gemeinschaftsprojekt. Der erste Satz "Es scheint tatsächlich einen Plan zu geben" (A. Einstein) wurde von mir vorgegeben und diente als Schreibimpuls für die erste Autorin. Sie formulierte ihren Text und der Schlusssatz dieses Textes bildete wiederum den Anfangssatz für einen neuen Text. Auf diese Weise hat sich das Schreiben über 10 Tage hinweg durch 10 fleißige, kreative Hände zu einem einzigartigen Produkt entwickelt. Ich freue mich sehr, es Euch hier vorzustellen.


Vielen Dank an all die Teilnehmer und Teilnehmerinnen! Neben der Printversion findet Ihr das Gesamtwerk auch als Audiodatei. Die Texte hören zu können, verleiht dieser Schreibidee etwas Magisches. Vielen Dank an Björn Luithardt (Sprecher) und Andreas Entner (Produktion), dass sie mit ihrer Initiative die Werke der Autoren und Autorinnen auf diese besondere Art und Weise würdigen.



Kettenbrief Januar 2021


Ausgangssatz: Es scheint tatsächlich einen Plan zu geben.


Text Nr.1

Es scheint tatsächlich einen Plan zu geben. Es scheint tatsächlich so zu sein, als ob alles zusammen hängt. Leider können wir nicht erkennen, wohin die Reise geht. Wir müssen uns darauf verlassen, dass es etwas gibt, das uns alle zusammenhält. Dass es eine Kraft gibt, die dem Auseinanderdriften des Universums entgegensteht. Wir müssen glauben, obwohl glauben noch nie mit müssen zusammen ging. Wir müssen glauben, dass dieses Paradox das schon aushält. Dass die Bande, die uns, unser Universum und die darin herrschenden Kräfte zusammenhalten fest genug, geschmeidig genug sind. Wir müssen das Unmögliche glauben - mit offenen Augen, Seelen und Herzen.



Text Nr.2

Wir müssen das Unmögliche glauben - mit offenen Augen, Seelen und Herzen. Ich hasse diese Slogans... Müssen? Müssen muss ich gar nix! Das Unmögliche...ja... womöglich möglich machen...blablabla Offene Augen, naaaatürlich wie auch sonst mit zuenen sieht man ja nix! Und die guten Seelen, is klar...am Besten gleich mehrere...eine reicht ja nimmer. Wo sitzen die überhaupt? Die Seelen? Im Gehirn? Im Bauch? Im Herz? Herz. Mein nächstes Stichwort! Mein wichtigstes Stichwort! Herz am rechten Fleck, Herz über Kopf, Herzlich, Herzstück, Herzenswünsch, tja großes Wort, wichtiges Ding, leider viel zu viele Menschen ohne eins! Und wenn's bei Denen die eins ham zu früh aufhört zu schlagen? Das ist dann völlig zum Kotzen! Herz, Seele, offene Augen, Liebe, das Unmögliche möglich machen...Wörter mit großer Bedeutung - doch oft leichtfertig benutzt! Text Nr. 3

Herz, Seele, offene Augen, Liebe, das Unmögliche möglich machen… Wörter mit großer Bedeutung – doch oft leichtfertig benutzt.

Ist das wirklich so? Benutze auch ich diese Worte oft leichtfertig?

„Herz“ – wann benutze ich dieses Wort? Mir geht etwas ans Herz – ja das sage ich gelegentlich und meine es auch so. Etwas geht mir nahe, entzückt und begeistert mich, wärmt mein Herz, ja das sage ich – aber nicht leichtfertig, sondern ehrlich.


„Seele“ – das tut mir in der Seele weh. Stimmt, das sage ich leichtfertig. Für mich ein Ausspruch der besagt, dass mir etwas leid tut oder ich es sehr schade finde und auch keinen Einfluss darauf habe. Ich drücke damit meine Hilflosigkeit aus, leichtfertig.


„Offene Augen“ – warum wird dieser Formulierung große Bedeutung beigemessen? Ich finde sie gar nicht so bedeutungsvoll. Wenn ich sie mal benutze, dann tatsächlich auch leichtfertig: „Augen auf bei der Partnerwahl“ oder auch „Augen auf bei der Berufswahl“. Hier finde ich die Formulierung witzig. Vor allem wenn jemand meine Arbeitszeiten als Lehrerin in Zweifel zieht oder auf Sprüche wie: „Was, habt ihr schon wieder frei?“


„Liebe“ – dieses Wort hat meiner Ansicht nach vielfältige Bedeutungen. Für manche Menschen ist es ein sehr großartiges, starkes Wort weswegen sie dieses nur sehr ausgewählt benutzen. Ich dagegen nutze es gerne und viel, weil ich viele Dinge und Menschen liebe. Ich liebe natürlich meinen Mann, meine Kinder, meine Schwester, meine Eltern – da würden die meisten Menschen noch mitgehen, aber ich liebe auch meine Lieblingskollegin. Das ist für manche wahrscheinlich nicht als Liebe zu bezeichnen und das Wort in diesem Zusammenhang leichtfertig benutzt. Finde ich nicht, weil es sich passend anfühlt.


„Das Unmögliche möglich machen“ – Diesen Ausspruch habe ich noch nie gemacht, finde aber, dass das ein wichtiger und guter Ausspruch ist. Er sagt uns, dass es immer Hoffnung gibt und manchmal auch Umstände, die wir rational als unmöglich empfinden, durchaus möglich werden können. Besonders in der Werbung wird dieses Wort aber leichtfertig benutzt.


Beim Nachdenken über die Liebe ist mir aufgefallen, dass in dieser Liste der leichtfertig benutzten Wörter eines fehlt: Hass

Text Nr. 4 Beim Nachdenken über die Liebe ist mir aufgefallen, dass in dieser Liste der leichtfertig benutzten Wörter eines fehlt: Hass. Und das ist gut so. Hass hat keinen Platz. Viel besser als Hass ist Spaß. Und den hab ich jetzt mit HASS. Hört mal, Ihr Hasen: Hasselhoff hastet hastig herbei. Haselmaus hustet heiser. Huch! Horst haust im Hinterhaus. Heiße Historie... Ihr wüsstet gerne mehr darüber? Das ist so:

Horst, so heißt die Haselmaus. Die wohnt so gern im Hinterhaus. Da gibt es einen Pool, den findet sie sehr cool. Leider fällt sie öfters rein und kommt nicht raus, so ganz allein. Laut um Hilfe ruft sie immer Hasselhoff kommt dann als Rettungsschwimmer. Mit Waschbrettbauch, versteht sich!

Text Nr.5

Mit Waschbrettbauch, versteht sich. Und Puderzucker. Heiß aus dem Ofen. So wurden Traummänner gemacht. Damals, mit 16, am Stadtrand. Ein Teig, kein Gedöns. Wir haben genascht und unsere Witze gemacht. Haben uns die Zukunft ausgemalt und hatten immer ein „Ach, wenn wir mal erwachsen sind...“ auf der Zunge. Wir hatten die Idee, unseren „perfect match“ zu finden. Einfach so. Wie nen Zwanziger auf der Straße. Und uns ein Loch in den Bauch zu freuen. Wir sendeten Wünsche ans Universum. Kreuzten a) b) c) Fragen in Zeitschriften an. Wir halfen uns Zettelchen an Fahrrädern von Schwärmen zu befestigen, und schlichen uns aus dem Fenster, zum Handballspiel der Jungs. Wir zogen durch Pimkie und Orsay und verbrachten Stunden im Bad. Wir waren leichtsinnig, gingen mit Fremden mit, aber immerhin nicht allein, hörten Matchbox Twenty und stritten einmal um den gleichen Typen. Wir steckten uns Zettelchen im Unterricht zu, rauchten heimlich und färbten uns die Haare. Wir spielten Theater, kamen zu spät. Stundenlang himmelten wir Kurt Cobain an meiner Wand an. Und schmachteten gemeinsam bei Konzertübertragungen von Linkin´ Park. Wir waren oft einer Meinung, aber nicht aus dem gleichen Holz. Mit dir bin ich ein großes Stück Jugend gegangen. Mit dir wurden die ersten Traummann-Skizzen entworfen. Ich hätte jetzt wirklich große Lust, mit dir zu backen. Leider endete unsere Freundschaft an der Stadtgrenze, als ich ging. Außerdem ist der Puderzucker leer.



Text Nr. 6

Außerdem ist der Puderzucker leer. Das Neue Jahr hat seinen Zauber verstäubt. Ich versuche ein paar Kristalle davon einzufangen, ein paar neue Chancen, ein paar Sonnenstrahlen. Ein bisschen Schnee und ein bisschen Hoffnung bevor der Stillstand sich einschleicht. Spricht mein Egoismus gegen Isolation oder ist es Rebellion gegen all das Festgefahrene, Bequeme und Bewegungslose. Es ist Zeit, die Zuckerdosen mit neuen Ideen zu füllen, Entscheidungen zu treffen und rückwärts in´s Wasser zu springen. Erster Vorsatz: aus dem Haus rauszuschauen, statt im Kreis das Haus umzusortieren. Ich vermisse das Reisen und das mich Verlieren. Nun ist meine Küche das Bistro und das Wohnzimmer der Wartebereich. Netflix zeigt mir die nächsten Reiseziele, im Bad teste ich Parfumproben. Meine Schwimmsachen sind im Gepäck und ich mache dem Piloten eine Ansage. Es kann losgehen!



Text Nr. 7

Es kann losgehen! Der Wäscheberg wartet auf mich. Endlich kann ich wieder Wäsche zusammen legen. Vielleicht sollte ich heute mal die Zeit stoppen, wie lange ich wieder Pullover und Unterhosen falte. Endlich Wäsche, jawohl. Neben meinen anderen Hobbies wie Spülmaschine einräumen und Staubsaugen, ist Wäsche zusammenlegen nicht mehr wegzudenken in meinem Alltag. Ich habe auch das Gefühl, dass meine Familie bewusst ganz viel schmutzig macht, damit mir meine Leidenschaft nicht genommen wird. Im Ernst, da wird sich beim Essen mit Nudelsoße vollgekleckert, damit ich am Abend ja die Hose zusammen legen kann. Und damit ich mein Hobby auch ja lange ausüben kann, wird im Garten die Jacke mit Absicht mit Schlamm eingesschmiert. Oder die Schlafanzüge werden mit Zahnpasta vollgemacht. Aber das Highlight meines Wäsche-Zusammenlegen-Hobby ist die Sockenangelegenheit. Jawohl, es gibt nichts Schöneres als stundenlang den zweiten Socken zu suchen, der irgendwie nie wieder auftaucht. Komischerweise haben auch alle immer blaue und schwarze Socken, auf denen die Größe schon so ausgewaschen ist, dass ich im abendlichen Schummerlicht sogar raten darf, was wie passt. Aber was schreibe ich so lange, es kann losgehen das Wäschehobby. Bist du mit dabei?



Text Nr. 8

Bist Du mit dabei? Was für eine Frage. Ja klar. Eigentlich bin ich für so fast alles zu haben. Aber gerade bin ich ziemlich nachdenklich, traurig, bedrückt und nicht so voller Tatendrang. Am Wochenende habe ich erfahren, dass eine Freundin an ihrem Krebsleiden gestorben ist. Ich bin geschockt, hatte immer daran geglaubt, dass sie es schaffen wird. Sie war eine tolle Person, was sie immer alles gemacht hat. Und eigentlich hat sie sich immer gesund ernährt. Ich frage mich, warum es so jemanden trifft. Mir wird bewusst, dass keiner von uns davor geschützt ist. Immer wieder kommt eine Angst in mir hoch, was, wenn es auch mich trifft? Was, wenn ich meine Kinder nicht aufwachsen sehen kann? Für sie da bin, wenn sie mich brauchen? Angst vor dem Tod. Ich atme tief durch. Im Moment bin ich gesund. Und wieder fällt mir der Satz ein: „Jeden Tag genießen, als wäre es der letzte.“ Auch wenn das nicht immer möglich ist, versuche ich mich nicht über alles aufzuregen, was nicht so läuft, wie ich es mir vorstelle und Dinge bewusster wahrzunehmen. Ich denke, ich brauche noch ein paar Tage, um meine Gedanken und Gefühle zu sortieren, aber danach, bin ich auf jeden Fall dabei. Und ich bin schon sehr gespannt, um was es geht.



Text Nr. 9

Ich bin schon sehr gespannt um was es geht…

Hört und versteht


Es geht um die Welt,

um Gesundheit, um Geld


Es geht um Leben und Lachen

Um Träume und Sachen,

die das Leben lebenswert machen.


Es geht um Freiheit, um Liebe

Um Sorgen und Hiebe


Es geht um Einsamkeit und Stille

um Konsequenz und Wille.


Es geht um die Alten, es geht um die Kinder

Es geht um die Leugner und die Sünder.


Es geht um Leben und Tod

Um Angst und Not

- wir werden bedroht.


Es geht um Abstand und Verstand

Um Bestand und Umstand


Es geht um Systeme und Lobbies

Um Ausgleich, vermisste Hobbies.


Es geht um Gesundheit und um Krankheit

Um körperliches und Seelen-Leid



Es geht um Kontakte, darum Grenzen zu setzen

Um kollektive Bestürztheit und tiefes Entsetzen


Es geht uns alle an

Jeder tut, was er kann


Es geht um

Es geht um die Welt



Text Nr. 10

Es geht um die Welt. Endlich. Nach jahrelanger Planung und dem herben Rückschlag durch die Corona Pandemie. Wir können endlich los fahren. Unser Abenteuer beginnt. Die nächsten zwei Jahre ist unser Auto unser Zuhause. Wir können nicht fassen, dass es endlich los gehen kann. Wir fahren los,gen Osten. Der Sonne entgegen. In Richtung Neuanfang. Jeder Tag ein Aufbruch ins Ungewisse. Aber mit der vollkommenen Überzeugung, dass jeder Tag nur Gutes bringen kann. Was könnten die Tage nach den letzten anderthalb Jahren Lockdown und Isolation noch schlechtes bringen? Was soll schon passieren? Der Impfstoff wirkt gegen alle Mutationen. Wir können uns endlich wieder sicher fühlen. Und kaum haben wir diese Sicherheit wiedererlangt brechen wir auf in die Unsicherheit. Weil wir die Unsicherheit lieben. In der Sicherheit finden wir keine Erfüllung. „Der Stillstand ist der Tod und der geschieht massenhaft“. Wir werden unsere Füße im Sand vergraben. Das Meer wird uns rein waschen von allen Sorgen und Ängsten, die wir in den letzten Monaten angehäuft haben. Die Sonne wird unsere Tränen trocknen. Wir folgen einem Vogelschwarm als wir aus der Einfahrt fahren. Alles sieht nun so freundlich, so wohlwollend aus. Wir sitzen im Auto und fühlen mit absoluter Sicherheit, dass die Welt unsere Freundin ist. Mutter Erde wird uns beschützen und die Natur wird uns unseren Weg weisen. Es geht einmal um die Welt. Um alles zu sehen, was wir jemals sehen wollten. Und dabei doch so viel zu verpassen. Die Welt ist zu groß für ein Menschenleben. Wir können nur versuchen sie zu begreifen. Aber dieser Versuch ist das wertvollste, das wir haben. Das Einzige, das wir haben. Wir beginnen die Reise auf vertrauten Straßen. Tage vergehen bis zu diesem einen, magischen Moment...Wenn wir jetzt weiter fahren bin ich so weit weg von zu Hause, wie nie zuvor, sage ich nach einer abrupten Vollbremsung. Gib Gas, sagt sie nur: Und im Radio läuft Hand in Hand von Phil Collins. ...




Hier gelangt Ihr zum Audio (ganz unten auf der Seite): https://www.monotasking-coaching.com/kreatives-schreiben








Sprecher: Björn Luithardt Produktion: Andreas Entner Bild: Sven Rebmann Quellen: Francisco Zurbaran, www.vontobel-art.com Bettina SchumacherGebler, www.art-a-la-card.de


bottom of page